Fallstudien

Um das SSRbD-Framework zu testen und zu validieren, hat das SURPASS-Projekt seine Methodik auf drei reale industrielle Fallstudien angewendet.

Fallstudie Nr. 1 : Bausektor

Herausforderungen

Herkömmliche Fensterrahmen aus Polyvinylchlorid (PVC) enthalten oft potenziell schädliche Zusatzstoffe und weisen eine geringe Recyclingquote auf. Die Produktion von PVC und seiner Stahlverstärkungen ist ein großer Umweltfaktor.

Ziele

Ziel war die Entwicklung einer recycelbaren, biobasierten Alternative zu Polyurethan (PU), die die Isoliereigenschaften und die Haltbarkeit verbessert und gleichzeitig den Einsatz gefährlicher Stoffe sowie den gesamten CO2-Fußabdruck reduziert.

Recyclingkreisläufe realisieren

Im Rahmen des Projekts wurden recycelbare PU-Materialien mithilfe der Vitrimerchemie entwickelt, die eine Wiederaufbereitung des Duroplasts ermöglicht. Ziel dieser Strategie ist es, mindestens drei Recyclingkreisläufe bei minimalem Verlust der Materialeigenschaften zu erreichen – eine deutliche Verbesserung gegenüber herkömmlichem PU und PVC.

Fallstudie Nr. 2 : Transportsektor

Herausforderungen

Die in Zügen verwendeten Metallteile sind schwer und verursachen während der Nutzungsphase einen hohen Energieverbrauch, was eine erhebliche Umweltbelastung darstellt. Herkömmliche Epoxid-Verbundwerkstoffe sind zwar leicht, aber in der Regel nicht recycelbar und können gefährliche, halogenbasierte Flammschutzmittel enthalten.

Ziele

Ziel dieser Fallstudie war die Entwicklung eines feuerbeständigen, recycelbaren Epoxid-Vitrimer-Verbundwerkstoffs als Ersatz für Metallteile. Zu den wichtigsten Zielen gehörten eine deutliche Gewichtsreduzierung (>30 %), die Einhaltung strenger Brandschutznormen (EN45545-2) und eine 100-prozentige Recyclingfähigkeit durch Vitrimerisierung.

Fortschritte in der Nachhaltigkeit

Die entwickelten Leichtbau-Verbundwerkstoffe ermöglichen über ihre 25-jährige Lebensdauer dank geringerem Energieverbrauch erhebliche Betriebskosteneinsparungen. Die Herstellung von Kohlefasern ist zwar nach wie vor ein Schwerpunkt, doch das Design konnte potenziell gefährliche Flammschutzmittel ersetzen und einen praktikablen chemischen Recyclingweg mit DMSO-Lösungsmittel einführen.

Fallstudie Nr. 3 : Verpackungssektor

Herausforderungen

Herkömmliche mehrschichtige Lebensmittelverpackungsfolien sind aufgrund ihrer komplexen Struktur, die inkompatible Polymere wie Polyamid (PA) und Schichten von Kompatibilisatoren enthält, oft nicht recycelbar. Dies führt dazu, dass der Großteil dieses Materials auf Mülldeponien oder in der Verbrennungsanlage landet.

Ziele

Das Ziel bestand darin, eine vollständig recycelbare MultiNanoLayered (MNL)-Folie zu entwickeln, indem eine einfachere Struktur (PE/EVOH) geschaffen wurde, die den Bedarf an problematischem PA6 und Kompatibilisatoren eliminiert, mit dem Ziel einer Recyclingrate von über 95 % gemäß der RecyClass-Methodik.

Fortschritte in der Nachhaltigkeit

Durch den Verzicht auf den umweltschädlichsten Rohstoff (PA6) weist die innovative MNL-Folie ein deutlich verbessertes Umweltprofil auf. Das optimierte Design verbessert nicht nur die Recyclingfähigkeit, sondern führt durch die Verwendung recycelter Materialien und den Verzicht auf teure Polymere auch zu potenziell niedrigeren Gesamtkosten.

Gelernte Lektionen

Die praktische Anwendung des SSRbD-Frameworks in den drei Fallstudien lieferte wertvolle Erkenntnisse, die nun in diese digitale Infrastruktur integriert sind. Die wichtigsten Erkenntnisse sind:

  • Die Notwendigkeit einer Leitmethodik : Um die Komplexität von SSRbD zu bewältigen, ist ein strukturierter, ganzheitlicher Ansatz unerlässlich.
  • Bedeutung der Systemdefinition : Die klare Abbildung der Funktionsanforderungen und die Identifizierung eines Referenzprodukts (Baseline) sind entscheidende erste Schritte zur Definition der Systemgrenzen und Zielverbesserungen.
  • Interdisziplinäre Zusammenarbeit ist entscheidend : Effektive SSRbD erfordert die gemeinsame Entwicklung innerhalb eines vielfältigen Expertenteams, darunter Toxikologen, Materialwissenschaftler, Chemiker und Verarbeitungsexperten, um einen effizienten Innovationsprozess zu gewährleisten.